Brief Gabriel Tuchers aus Lyon an seinen Vater Linhart Tucher in Nürnberg
Enthältvermerk mit Autorennennung:
Erstellt von Herrn Helge Weingärtner, Zitieren des Autors erforderlich: Expediert durch Michel Porger. Bestätigt den Erhalt des Briefs vom 5.September am 21.September durch den St.Gallener Boten Michel Porger. Der Vater berichtete über die schwern Leuft. Gabriel entschuldigt sein langes Schweigen, da nichts Erhebliches zu berichten war. Das Notwendige wurde ja stets durch Bruder Paulus mitgeteilt. Dem Schreiben des Vaters konnte entnommen werden, dass auch er den Gregory Heypel fahren hat lassen. Erneuter Vorwurf der Selbstüberschätzung. Man erfuhr auch, dass Heypel geschäftlich mit den jungen Fuetteryschen verquickt gewesen ist. Sie haben ihm schon 200 Gulden gezahlt. Ein Bote brachte kürzlich einen Brief von Heypel, worin um Aufbewahrung seiner Kleider gebeten wurde. Er will diesen Winter nach Nürnberg reisen. Er schrieb auch nach Spanien an Sixt und Tobias. Heypel hat Spanien aufgegeben und will nicht mehr dorthin zurück. Von anderer Seite erfuhr Gabriel, dass im Falle der Beendigung der Tätigkeit für eine Herrschaft die Handelstätigkeit an demselben Ort für ein Jahr untersagt ist. Sixt will im Frühling nach Lyon kommen. Sixt weiß auch schon, dass Linhart den Tobias Tucher angenommen und nach Serbera beordert hat. Gabriel hat Tobias inzwischen dorthin abgesandt, wie eine Briefkopie auch mitteilt. Tobias reist über Tholosa und Saragossa. Gabriel schrieb auch an Bruder Sixt, damit dieser den Tobias nach Servera begleitet. Tobias soll den Einkauf lernen, sowohl in Katalanien, als auch in Aragon. Der Vater berichtete auch über die bevorstehende Vereinigung in Augsburg. Gabriel befürchtet, dass es hierbei noch zu Verzögerungen kommen werde. Die Augsburger, so Gabriel, wollen eine Kompanie machen, wovon die in Spanien nichts wissen sollen, was aber unmöglich ist. Anlegung und Sonstiges im Safrangeschäft. Man wartet auf Nachricht von Sixt. Brief der Kompanie. Der Vater teilte das Ergebnis seiner Hauptrechnung für die letzten 3 Jahre mit. Gabriel dankt für die ihm deswegen zugewiesene Verehrung. Gabriel sucht nach einer besseren und gesünderen Behausung, konnte aber noch nichts finden. Geldhandel wird weiterhin betrieben. Ein Haushälter wäre wieder nötig. Der Vater hat wohl schon durch Bruder Paulus erfahren, dass Bruder Levinus hier angekommen ist. Davon setzte Gabriel wiederum Paulus in Kenntnis. Heute oder morgen will Gabriel Levinus bei seinem Herrn in Vyenna unterbringen. Jorg Obrecht war auch schon dort, um das Dienstverhältnis des jungen Ketzler zu verlängern. Fraglich, ob der dortige Herr 2 Jungen beschäftigen kann. Levinus wurde zunächst mit Kleidung ausgestattet und im Rechnen unterwiesen. Die väterliche Anordnung, den Wein nur verdünnt zu trinken, wurde an Levinus weitergegeben. Levinus kam zusammen mit dem jungen Ketzler in Begleitung eines Boten an. Das Pferd des Levinus kam leider hinkend hier an. Es soll verkauft werden, sobald es wieder gesund ist. Die Pferde sind momentan sehr teuer. Selbst für Tobias konnte kaum eines besorgt werden. Durch Paulus wurde dem Vater mitgeteilt, dass Gabriel 4 Dutzend rauhe Felle für den Vater besorgt hat, außerdem wurden 8 Schachteln mit Kuetten Latwergen bestellt. Bruder Herdegen wird weiterhin unterwiesen. Bei Merthen hingegen ist alle Mühe vergebens: Selbst der Rechenmeister, den Gabriel ins Haus kommen ließ, hat inzwischen resigniert. Der Herr Vater des Martin schrieb unlängst, Gabriel solle Martin in der Buchhaltung einsetzen, was aber ganz unmöglich ist. Ob das Trinken die Ursache sein kann ? Gabriel kümmert sich um ihn, aber so kan ych Im warlych auch nyt alzeyt auf dem Hals seyn. Vielleicht nützt ein Brief, der Mäßigkeit anmahnt, auch das Vermischen von Wein und Wasser anrät. Er ist in summa sein in dem fall selbst nyt mechtyg. Jorg Rotengatter erweist sich als lernfähig und eifrig. Adam Tucher wurde zu Andrj Chenamj gegeben. Der Vater des Adam hatte es versäumt, den Sohn im Rechnen üben zu lassen. Dieser Mangel wurde durch Fleiß des Adam während dieses Sommers weitgehend beseitigt. Aus Pyckardya hört man momentan gar nichts. Der Kaiser soll sich zurückziehen und in verschiedenen Städten lagern. Die von Spanien über die Niederlande gefahrene Flotte von über 160 Schiffen soll schon in England angekommen sein. Im Piemont hatten beide Parteien einen Monat lang treves [= Waffenstillstand] gehalten. Diese Frist ist heute abgelaufen.
Datiert original adj ult<im>o octobris. Entsprechend im alten Findmittel. Da aber der Brief eindeutig am 15.Oktober in Nürnberg ankam, dürfte es sich um ein Versehen handeln, sodass der Brief auf den 31.September 1553 zu datieren ist.; Laut Nr.159 Lorenz Tucher der Vater des Martin; Laut Nr.211 war Claude Bailly der Dienstherr des Levinus